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Möbelgestaltung: Märchenland “Miststücke"

Updated: Oct 10, 2022


Ein achtsamer Umgang mit natürlichen Ressourcen ist uns wichtig. Wir sind davon überzeugt, dass jedes alte Ding mit ein wenig harter Arbeit und Fantasie wieder nützlich gemacht werden kann. Ob es sich um Kleidungsstücke, altes Verpackungsmaterial, Aufbewahrung oder Möbel handelt: Sie können durch Upcycling einige einzigartige und beeindruckende Gegenstände herstellen.

Upcycling bezieht sich auf den Prozess, veraltete Produkte mit kreativen, oft einfachen Methoden in „neue“ Produkte umzuwandeln.

Upcycling trägt dazu bei, weniger Abfall zu produzieren. Es reduziert auch den Bedarf an Rohstoffen für Neuproduktionen, was eine Verringerung der Luftverschmutzung, der Wasserverschmutzung, der Treibhausgasemissionen und häufig eine Schonung der globalen Ressourcen bedeutet. Ein weiterer sozialer und wirtschaftlicher Vorteil des Upcyclings besteht darin, dass es sowohl kleine lokale Unternehmen als auch ländliche Betriebe unterstützt. Alle diese Eigenschaften machen Upcycling zu einer vorbildlichen Tätigkeit.

Im Kreis 6 in der Sonneggstrasse gibt es so eine kleine, bescheidene Möbel Upcycling Werkstatt, die zu besuchen ich sehr empfehlenswert finde. «Miststücke» - sogar der Name des Ladens ist Zeugnis dafür, dass hier eine hoch kreative Person an der Arbeit ist. Ich habe Franziska Schneider, die Besitzerin, zu ihrer kreativen Arbeit als Upcycling-Spezialistin befragt .



Franziska, wie bist Du auf Möbelgestaltung gekommen?

Ich habe mit Möbelgestaltung angefangen, als ich meine eigene Wohnung eingerichtet habe. Ich habe das immer gerne gemacht und ich wäre eigentlich auch gerne auf die Kunstgewerbeschule gegangen oder hätte gerne Innenarchitektur studiert. Ich habe mich dann aber dagegen entschieden, weil ich zuerst Geld verdienen wollte, um unabhängig zu sein. Deswegen wurde ich Primarlehrerin und es gefällt mir gut. Um meine eigene Wohnung einzurichten, bin ich in Brockenhäuser gegangen oder habe von meiner Grossmutter etwas übernommen und das habe ich verändert. So habe ich vor vielen Jahren angefangen.

Was bedeutet Miststücke für Dich?

Ich kam ganz spontan darauf und dachte mir, dass es ein ganz guter Name ist. Deshalb habe ich ihn dann vor fast 20 Jahren für mich reserviert, als meine Kinder noch klein waren, weil ich das später einmal professionell machen wollte. Ich habe schon immer etwas Gestalterisches gemacht. Vor 20 Jahren habe ich schon einmal eine Ausstellung mit meinen Kreationen organisiert und hatte erfolgreich verkauft.

Ich suche Mist (lacht), sehr charmanten Mist, gute Sachen, aber keine Klassiker. Einen Klassiker würde ich nur restaurieren, nicht verändern. Das heisst, ich suche alte Dinge, aber mit viel Charme und aus gutem Material. So bin ich auf den Namen gekommen: Miststücke Möbelgestaltung.

Ich gestalte gerne um. Für mich ist es fantastisch. Zu gestalten war für mich immer ein Standbein und ein Lebenselixier. Das Wiederverwenden von alten Möbeln ist schön, weil bereits etwas da ist und ich dieses alte Stück als Basis für eine neue Kreation nehmen kann. Natürlich ist es sehr nachhaltig, ich suche Vollholz, ganz gutes Material, das man

heute gar nicht mehr so leicht in dieser Art findet.


Hast Du Deinen Kindern und Schulkindern auch Kreativität und Nachhaltigkeit beigebracht?

Mit den Kindern zu Hause habe ich immer gerne und viel gemalt und gebastelt. Auch in der Schule war es mir immer wichtig, auf die kreative Art von Kindern einzugehen. Ich liebe natürlich auch den Gestaltungsunterricht genauso wie Kreativität bei der Didaktik, Unterrichtsplanung und Methodik. Wenn ich merke, dass die Kinder eher in eine andere Richtung gehen als ich gedacht habe, dann bin ich gerne bereit den Weg anzupassen und ich führe die Kinder mit kreativer empathischer Kommunikation so, dass es zielorientiert bleibt.

Nachhaltigkeit ist in der Schule ein grosses Thema. Es fliesst immer in den Unterricht ein und gehört zum Lehrplan. Zum Beispiel machen wir bei einem Ausflug immer einen Wettbewerb, wer am Ende des Picknicks am wenigsten Abfall gemacht hat. Es gibt auch viele Eltern, die toll mitmachen und zum Beispiel den Lunch in ein Bananenblatt wickeln. Praktisch bei jedem Thema wird Nachhaltigkeit in einem weiten Sinn angesprochen.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für Dich im Atelier?

Ich verwende gern gutes, altes Material. Es gibt sehr schönes Holz und sehr schöne Möbelstücke, die aber nicht mehr modern oder nicht mehr in einem guten Zustand sind, diese gestalte ich dann um. Das Einkaufen erledige ich wenn möglich in der Schweiz, auch wenn es ein bisschen teurer ist. Ich bevorzuge immer lokale Produzenten.

Ich verwende gerne Material, das in der Schweiz produziert und das möglichst natürlich ist. Farben sind umweltfreundliche, mineralische Materialien. Die Maschinen kaufe ich auch meist in der Schweiz und häufig auf dem Secondhand Markt. Meine Technik verlangt Lösungsmittel, zwar nur wenig, aber sie sind leider nötig. Dort mache ich einen Kompromiss. Ebenso habe ich ein kleines Occasionsauto für den Laden gekauft, weil ich die Miststücke transportieren muss. Aber ich behalte Nachhaltigkeit immer im Auge.

Welches sind Deine Lieblingsstücke im Atelier?

Meine Favoriten sind immer diejenigen, die ich gerade umgestalte. Je mehr ich an etwas arbeite, desto mehr wird es meins. Je mehr Zeit ich investiere, desto mehr überzeugt bin ich, dass es eine gute Sache wird. Dann gibt es sehr gelungene Stücke, wo das Muster super zum Modell passt. Ich weiss aber nicht, ob ich wirklich ein Lieblingsstück habe.

Woher bekommst Du die Inspiration für Deine Kreationen und für neue Techniken?

Es ist wie eine Jagd. Ich gehe überall hin und suche ständig schöne, veraltete Stücke. Das ist eine Sache und die andere ist das Muster. Wenn ich zum Beispiel reise oder unterwegs bin, mache ich viele Fotos von der Natur oder interessanten Gegenständen oder Ansichten. Manchmal inspirieren mich auch wissenschaftliche Bilder dazu, neue Muster zu kreieren. Wenn ich die Möbel und Muster schon habe, muss ich schauen, was zueinander passt und ob ich das Muster oder die Farbe ändern und anpassen soll.

Auf die Technik bin ich aus Not gekommen, weil ich immer mit Farben arbeiten wollte und ich nicht so gut im Freihandzeichnen bin. Dann habe ich mit dem Abdrucken von Reklame angefangen, später habe ich Computerdesign-Kurse besucht und Photoshop gelernt. So sind die Möglichkeiten immer weiter gewachsen. Die Spezialisierung auf die Muster, die ich mit meinen Fotos kreiert habe, inspirierte mich dazu, diese Technik zu entwickeln und in den letzten 20 bis 25 Jahren habe ich es immer weiter verbessert. Ich erlebe es auch immer als Herausforderung und Inspiration etwas Neues kennenzulernen.

Natürlich habe ich auch viele Gestaltungskurse besucht und so viele Materialien kennengelernt, wie Metall, Kunststoff, Keramik, Textiles, Farben und Holz.

Welche Epoche der Designgeschichte steht Dir am nächsten? Hast Du ein Vorbild in Produktdesign oder in Interior Design?

Ich liebe die Moderne und die Bauhauszeit. Vom Lebens- oder dem Wohnstil her sind die zwanziger bis sechziger Jahre meine Lieblingsepoche. Für meine Umgestaltung darf es beispielsweise nicht Jugendstil sein, weil er schon sehr verziert ist. Ich brauche ganz klare, eher einfache Formen, wo ich meine Muster oder anderes Material für neue Oberflächen einsetzen kann.

Meine Vorbilder sind Mies van der Rohe, Arne Jacobsen, Eames, Alvar Aalto, Marcel Breuer, Eileen Gray, Le Corbusier. Die Maxime von “Form follows Function”, die diese Zeit beschreibt, finde ich wunderschön und sehr sinnvoll. Jetzt ist es bei mir fast umgekehrt, weil ich diese alten Stücke habe, die nicht mehr zeitgemäss sind und ich sie mit Verspieltheit auffrische, entweder mit meinen Mustern oder mit Messing, das ich auch sehr gerne habe. Ich werde weiterhin neue Möglichkeiten für Umgestaltung suchen, anhand des Objekts, das ich verändern will.

Das heisst, ich suche solche Stücke, die von der Bauhauszeit inspiriert sind. Es sind natürlich keine Originalstücke aus der Bauhauszeit, aber es gibt viele Anpassungen daran, zum Beispiel aus den vierziger Jahren, wo man die Möbel schon industriell gefertigt

hat. Möbel aus dieser Zeit kann ich gut umgestalten.

Dann suche ich auch immer wieder neues Material für neue Kreationen. Ich war kürzlich in der Baumusterzentrale, weil da jetzt eine Metallausstellung gezeigt wird und dann gibt es dort wieder neue Ideen, die ich weiterentwickeln kann. Afrikanische, japanische und nordische Handwerkskunst inspirieren mich auch sehr genauso wie rostiger Schrott und Industrieobjekte.

Du erneuerst auch Möbelstücke, die Kunden Dir von zu Hause bringen. Ist das eine grössere Herausforderung für Dich oder macht es sogar mehr Spass?

Eigentlich ist es beides. Die Herausforderung ist etwas grösser, weil man spüren muss, was dem anderen gefällt, wie er oder sie sich das vorstellt, was die Farbpräferenzen sind, wo das Möbel hinkommt. All das kann man miteinbeziehen. Es braucht mehr Gespräche, und das macht auch Spass. Deswegen habe ich auch meine Musterausstellung im Atelier, weil man sich dort etwas Passendes aussuchen kann.

In dem Sinn macht es mehr Spass einen Auftrag zu haben, aber es bedeutet natürlich auch eine grössere Herausforderung und es ist zeitintensiver. Das Möbel gehört den Kund*innen und die Umgestaltung muss ihnen gefallen.

Wo und wie findest Du Deine Muster?

Das Handy hat man heutzutage immer dabei. Ich gehe durch die Stadt und wenn ich etwas Interessantes oder Ornamentales sehe, mache ich gleich ein Foto davon. Oder meine Tochter hilft mir dabei. Sie war kürzlich in einem grossen Aquarium und hat mir Fotos von farbigen Quallen geschickt.

Welche Phase der Arbeit findest Du am spannendsten?

Die Phasen meiner Arbeit sind: Das Suchen der Stücke und das Suchen neuer Sujets, die Entwicklung der Muster und dann kommt der Gestaltungsprozess aus der Kommunikation der Mittel. Ich muss immer wieder überlegen, was wohin passt, wo man Kontrast braucht und was dem Produkt Harmonie bringt. Diesen ganzen Ablauf finde ich sehr spannend!

Was ist das letzte abenteuerliche Projekt, das Du vor kurzem in Angriff genommen hast?

Ich habe zwei Freischwingerstühle gekauft, aus der Moderne. Ich muss mir jetzt überlegen, wie ich sie beziehe. Ich habe gedacht, es wäre witzig dafür alte Ledergürtel zu benutzen. Die Idee habe ich toll gefunden, aber es ist schwierig so viele alte Gürtel zu finden. Dann habe ich gedacht, ich suche dafür ein Lederstück und schneide dieses in Riemen oder ich könnte mit Gummi- oder Jutegurten arbeiten.

Was ist Deine Vision als Möbelgestalterin?

Der Prozess ist das, was mich beglückt und dabei komme ich auf neue Sachen, neue Bekanntschaften, neue Ideen und neue Techniken und neues Material. Ich habe zum Beispiel einen Metallbauer kennengelernt, der wahnsinnig schöne Sachen macht. Dann war da eine Kundin, die mir eine Betonplatte gebracht hat und ein Untergestell dazu wollte. Das Suchen und Finden waren immer schon in meinem Leben ein wiederkehrendes Thema und das möchte ich auch in Zukunft so halten.

Franziska, vielen Dank für die spannende Führung durch Dein Atelier und Deine gestalterische Laufbahn. Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und Freude bei Deiner Arbeit.

Liebe Leser*innen

Egal, ob Sie selbst Upcycling betreiben oder Produkte von Designern kaufen, es ist immer schön zu wissen, dass Sie etwas haben, das völlig einzigartig ist. Schauen Sie mal bei Miststücke vorbei und gönnen Sie sich dieses Vergnügen!

 
 
 

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